Geschichte des Schlosses Jemnischt
Der erste Bericht von Jemnischt (auf Tschechisch Jemniště) stammt aus dem Jahre 1381. In der Zeit war die Herrschaft im Besitz von Beneš von Cimburk, der sich nach hiesigem Dorf von Jemnischt zu schreiben begann. Der Herrschaftssitz war damals natürlich nicht dieses Schloss, sondern eine mit einem Wassergraben umgebene Festung, die sich bisher in einem unweiten Dorf befindet (siehe Altes Schloss). Im Jahre 1717 kaufte die Herrschaft Jemnischt Graf Franz Adam von Trauttmansdorff (†1762), der Herkunft von einer alten Familie aus Steiermark. Seinem Geschmack und seinen Ansprüchen entsprach das alte Schloss im Dorf nicht mehr und deshalb ließ er um das Jahr 1724 auf einem unweiten Hügel ein neues Schloss, das besser seinem Geschmack und seinem Posten als einer der führenden Adeligen entsprochen hätte, aufbauen.
Der Autor des Projekts war der berühmte böhmische Architekt Franz Maximilian Kaňka. Der Bau ging sehr schnell voran. Im Oktober 1725 war der Schlossbau soweit vollendet, dass es schon zur Festeinweihung der Schlosskapelle kommen konnte. Das Schloss brannte im Jahre 1754 ganz aus, nur die Schlosskapelle St. Joseph blieb unbeschädigt. Franz Adam von Trauttmansdorff ließ darum das ganze Schloss umbauen und neu ausstatten. Damals wurde der Stirnseitenschild verändert – es wurde an ihn neu das Trauttmansdorffwappen angebracht und die Schlossgestalt ergänzten die Statuen von Lazar Widman. Außer diesen Gestaltungen haben das Schloss keine Grundumbauten beschädigt. Wir haben so eine ideale Möglichkeit, einen typischen Adelssitz aus der Zeit des Hochbarocks zu besichtigen.
Das Schloss ist ein elegantes einstockiges Gebäude, das vor allem zum Sommeraufenthalt bestimmt ist. Die Hauptfront ist zum Beneschau-Weg gerichtet.
Seine Dominante bildet ein eleganter Schild mit Balkon, der den Eintritt ins Schloss hervorhebt. Die niedrigeren Parterregebäude zu den Seiten des Hauptgebäudes dienten den Wirtschaftszwecken als Ställe und Schuppen. Sie sind an das Hauptgebäude fast rechtwinklig angeschlossen und bilden den sog. Ehrenhof, das Herz der barocken Schlossanlage. Hierher fuhren die Kutschen des Herrschaftseigentümers und auch die Wägen der Schlossgäste ein, gerade hier begrüßte der Graf die bedeutendsten Besuche. Von der herumliegenden Welt war der Ehrenhof durch ein dekoratives Metallgitter mit einem zweiflügeligen Tor abgetrennt. Auf keinen Fall geht es hier um eine Residenz des Festungstyps, sondern um eine Landvilla, deren Hauptzweck der Komfort des Eigentümers ist.
Die Hinterfront des Schlosses ist in den Park gerichtet. Zur Zeit von Franz Adam von Trauttmansdorff handelte es sich um einen französischen Park, für den genaue geometrische Linien, Statuen und Fontänen typisch waren. Man nutzte ihn für Veranstaltungen von Gartenfeiern und zu demselben Zweck wurden auch zwei Gartenpavillons eingerichtet.
An der Wende des 18. und 19. Jahrhunderts wurde der Barockgarten in einen romantischen englischen Park umgewandelt. Die einzige Erinnerung an den damaligen französischen Park stellen so die Gestaltung des Ehrenhofs und der neu angelegte Lustgarten zur rechten Seite des Schlosses dar.
Da Franz Adam von Trauttmansdorff keine Nachkommen hinterließ, vermachte er Jemnischt seinem Verwandten Joseph Wenzel von Trauttmansdorff (+1769), der jedoch kurz nach ihm starb. Zur Besitzerin von Jemnischt wurde so die Witwe Gabrielle, geborene Czernin, die Heinrich Franz von Rottenhan (1738-1809) im Jahre 1773 heiratete. Graf Heinrich Franz von Rottenhan war ein hoher Landesbeamter (er bekleidete das Amt des höchsten Burggrafen in Prag) und kraft seines Amtes förderte er die Manufakturentwicklung. In dieser Hinsicht war er ein Vorbild und Jemnischt wurde unter seiner Herrschaft zum wichtigen Zentrum der Baumwollindustrie in Böhmen. Seine Baumwollspinnerei zusammen mit der Manufaktur im unweiten Ort Postupitz (Podlesí) gehörte sogar zu den bedeutendsten in der Habsburgermonarchie.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wechselten sich im Besitz des Schlosses einige Eigentümer ab. 1686 kaufte die Herrschaft Zdenko Graf Sternberg, der Eigentümer der unweiten Herrschaft Böhmisch Sternberg (der Urgroßvater des heutigen Eigentümers). Als der Vierte von fünf Söhnen des Grafen Joseph Leopold (1770-1858) hatte er keinen Anspruch auf die familienfideikommissarische Herrschaft Častolowitz, die später seinem älteren Bruder Leopold (1811-1899) zufiel. Nach seinem entfernten Onkel Kaspar Maria Sternberg ererbte er jedoch die Herrschaft Radnitz, wo sich reiche Kohlenbergwerke befanden. Gerade ihr Gewinn ermöglichte es Zdenko, das Familienvermögen wesentlich zu vergrößern. 1841 kaufte er vom Graf Somssich de Saard Böhmisch Sternberg und 1868 vom Fürsten Windisch-Graetze Jemnischt. Er beabsichtigte auch das Schloss Konopischt, das früher auch den Sternbergern gehört hatte, zu kaufen. Sein Eigentümer, Prinz Franz Eugen Lobkowitz, bevorzugte jedoch den Erzherzog Franz Ferdinand d´Este. Da die Burg Böhmisch Sternberg nicht auf Dauer bewohnbar war (sie diente hauptsächlich als Jägerresidenz), wohnte die Familie hauptsächlich auf dem Schloss Brzezina bei Rokitzan.
Nach dem Tod des Grafen Zdenko erbte sein älterer Sohn Alois (1850-1907) Böhmisch Sternberg und Radnitz, der zweitgeborene Philipp (1852-1924) Jemnischt. Da jedoch Alois ledig und kinderlos starb, wurde Philipp zum einzigen Erben dieser sämtlichen Güter genauso wie des weiteren Familienbesitzes - der sog. Sternbergischen Häuser in Wien. Philipp Sternberg führte notwendige Baumaßnahmen am Schloss durch und erhob Jemnischt zu seinem Hauptsitz. Mit Karoline Gräfin von Thurn und Valsassina (1863-1944) hatte er zwei Söhne und zwei Töchter. Der ältere Zdenko (1885-1899) starb frühzeitig an Gelenkrheumatismus und deshalb erbte den größeren Teil des Besitzes (Böhmisch Sternberg und Radnitz) der zweitgeborene Sohn Georg Douglas (1888-1965, der Großvater des heutigen Besitzers), während Jemnischt zu gleichen Teilen seinen Töchtern Maria Gabriele (1890- 1934) und Theresia (1902-1985) zufiel. Nach dem Tod von Gabriele wurde zur einzigen Besitzerin des Schlosses Theresia (Sita), die 1927 Franz Mensdorff-Pouilly (1897-1991) heiratete.
Sita mit Franz besaßen Jemnischt bis 1943. Da sie nach der Okkupation der böhmischen Länder der deutschen Nationalität beizutreten ablehnten, waren sie (ähnlich wie der Bruder von Therese Georg Douglas) allerlei Persekution ausgesetzt. Zum am wenigsten angenehmen Ereignis kam es im Jahre 1943. Der Besitzer der unweiten Herrschaft Tloskov bei Neweklau, wo die deutsche Verwaltung einen Truppenübungsplatz der SSTruppen errichtete, Oskar Daněk von Esse (der Nachkomme des Gründers des Maschinenbaubetriebs ČKD Vinzenz Daněk von Esse), bekam als Reichsbürger das Recht auf Ersatz. Er wählte Jemnischt aus. Obwohl das Ehepaar Mensdorff den gezwungenen Verkauf ablehnte, musste es binnen 14 Tagen ausziehen. Es gelang ihnen jedoch, ein Teil des beweglichen Guts auf die Burg Böhmisch Sternberg, auf das Schlösschen bei Postupitz und auf das Pfarrhaus in Postupitz, wo sie später bis ans Lebensende wohnten, zu übertragen.
Im Mai 1945 wurde Jemnischt durch russische Truppen aus der Armeegruppe vom General Malinowski „befreit". Die Soldaten benahmen sich auf dem Schloss, das damals den Deutschen gehörte, wie auf dem eroberten Boden und so blieb aus dem ursprünglichen Inventar nicht vieles erhalten. Trotz der Proteste des Ehepaars Mensdorff wurde Jemnischt verstaatlicht. Die Gräfin Theresie (Sita) beantragte deshalb die Restitution des Besitzes. Ihrem Gesuch wurde rechtlich stattgegeben, aber sie zog nicht mehr in das Schloss ein.
Im Jahre 1951 wurde das Schloss wieder verstaatlicht, diesmal von dem kommunistischen Regime. Theresie Mensdorff-Pouilly lebte bis zu ihrem Tod im Jahre 1985 in der unweiten Gemeinde Postupitz. Ihr Ehegatte starb 1991. Da sie kinderlos waren, ererbte den Anspruch auf Jemnischt ihr Neffe, Jan Bosco Sternberg (1936 - 2012). In die Hände der Sternberger kehrte das Schloss mit dem Großgrundbesitz im Jahre 1995 zurück.
Der derzeitige Besitzer von Jemnischt ist sein Sohn Jiří, der mit seiner Familie den linken Flügel des Schlosses bewohnt.